Wie die meisten Polizistinnen und Polizisten habe ich nach meinem Studium an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW (HSPV) meinen Dienst bei der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz auf einer Polizeiwache im Schichtdienst versehen. Vor meinem Bachelor-Studium bei der Polizei habe ich beruflich jedoch etwas ganz anderes gemacht: eine Ausbildung zum Mechatroniker.
Das Programm „Spezialisten zu Polizisten" gab es damals zur Zeit meines Studiums noch nicht. Als ich nach drei Jahren Wachdienst darauf aufmerksam wurde, dass nicht besetzte Spezialisten-Stellen nachbesetzt werden sollen, bekam ich die Chance, mich vor Ende meiner zeitlich vorgesehenen Verwendungsdauer auf eine dieser Stellen zu bewerben - mit Erfolg!
Zu meinem Glück wurde im gleichen Jahr das Verkehrsunfallaufnahmeteam (VU-Team) in Bielefeld neu gegründet. Nach einem sehr kurzfristigen und aufregenden Versetzungsverfahren war ich drin - als jüngstes Mitglied im VU-Team Bielefeld.
Alles startete zunächst mit intensiven Fortbildungen und Seminaren. Herausstechend für mich war die sehr gute und umfangreiche Einführungsfortbildung beim LAFP in Neuss. In den ersten Wochen habe ich die Aufgabenbereiche meiner neuen Direktion Verkehr und vor allem die Facetten der Spurensicherung intensiv kennengelernt.
Es war ein besonderes Gefühl, die Gründung einer neuen Dienststelle hautnah zu erleben und aktiv mit zu gestalten.
Am 01.01.2022 ging es endlich in den Echtbetrieb
Was mir als erstes auffiel? Kein regulärer Schichtdienst mehr. Im VU-Team versehen wir in der Regel Früh- oder Spätdienst. Nachts, an Wochenenden und Feiertagen gibt es Rufbereitschaften; jeder ist mal dran. Es ist für mich ein sehr angenehmer Nebeneffekt, an den Wochenenden oft zu Hause zu sein - das kannte ich vom Wachdienst so nicht.
Wenn der Einsatz kommt, ist am Unfallort „Zeit nehmen" angesagt. Eine akribische Spurensuche und Dokumentation ist der Kern unserer Aufgabe. Wer Spaß am Erkennen von Details und am Verstehen von Zusammenhängen bei Verkehrsunfällen hat, ist hier genau richtig. Alle VU-Teams haben grundsätzlich eine landesweite Zuständigkeit. Wenn irgendwo im Land NRW ein besonders schwerer Unfall passiert, wird das nächstgelegene VU-Team entsandt. Ist Bielefeld dran, machen wir uns auf den Weg zur Unfallstelle. Unser moderner Einsatz-Sprinter ist hierfür mit einer Menge Technik bestückt: mehrere Kameras, 3D-Scanner, Drohne, Lichtmasten, Diagnosegeräte, spezielle Messtechnik und vieles mehr.
Mit der Zeit wurden mir die teils kompliziert erscheinenden Geräte und die Handhabung immer vertrauter. Nach der Aufnahme des objektiven Befundes vor Ort geht es zurück zur Dienststelle, um die gesammelten Erkenntnisse auszuwerten. Dafür stehen verschiedene Verarbeitungsprogramme und Computer mit ordentlicher Rechenleistung zur Verfügung.
Ein weiterer Aufgabenteil besteht darin, sichergestellte Fahrzeuge, die oft als Wracks bezeichnet werden können, unter die „Lupe" zu nehmen und insbesondere digitale Spuren aus Fahrzeugsteuergeräten auszulesen.
Was mich sonst noch motiviert?
Unfälle, bei denen das VU-Team eingesetzt wird, haben schwerwiegende Folgen für Beteiligte. Eine möglichst genaue be- und entlastende Ermittlungsarbeit trägt einen wichtigen Teil dazu bei, Geschädigten oder gar zu Unrecht Beschuldigten zu helfen. Hier denke ich an die Strafbarkeit, z. B. einer fahrlässigen Tötung, oder den Schutz privater Rechte bei Versicherungsangelegenheiten mit horrenden Summen. Die Verursacherfeststellung liegt hier nicht immer auf der Hand und nimmt zum Teil faszinierende Wendungen an.
Meine berufliche Vorerfahrung kann ich super in das VU-Team einbringen. Wir alle ergänzen uns mit unterschiedlichen Kenntnissen und Erfahrungen gegenseitig.
Die Polizei NRW bietet in zahlreichen Tätigkeitsbereichen vielfältige Möglichkeiten, als Spezialist unmittelbar nach Beendigung des Studiums Verwendung in einem Arbeitsbereich zu finden, in den man seine berufliche Vorerfahrung einbringen kann.
In dem Verkehrsunfallaufnahme-Team bekomme ich die Gelegenheit, meine Fähigkeiten und Erfahrungen einzusetzen und stets mein Wissen bzw. meinen Horizont zu erweitern.
Ich bin sehr zufrieden mit meinem Job bei der Polizei NRW und kann jedem eine Fachkarriere als Spezialist nur empfehlen. Ich würde es jederzeit wieder genauso machen!